
Stiller Zeuge
In dieser Serie (2021 - 2025) erforsche ich das Zusammenspiel von Identität, Erinnerung und generationenübergreifenden Traumata, indem ich mit gefundenen Fotografien arbeite. Diese einst geschätzten und nun anonymen Bilder werden zu Gefäßen für ererbtes Schweigen, emotionale Rückstände und ungelöste Geschichten. Ich betrachte sie nicht als starre Aufzeichnungen der Vergangenheit, sondern als wandelbare Oberflächen, auf denen persönliche und kollektive Erzählungen enträtselt, neu aufgefädelt und sichtbar gemacht werden können.
Indem ich Materialien wie Fäden, zerbrochenes Glas und handgezeichnete Formen in diese Porträts einfüge, möchte ich ihre Stille unterbrechen und andeuten, dass sich hinter jedem komponierten Äußeren ein Netz von Brüchen und Widerstandsfähigkeit verbirgt. Diese taktilen Ergänzungen dienen als Metaphern für die unsichtbare Arbeit des Überlebens, das Chaos der Erinnerung und die ererbten Wunden, die wir mit uns herumtragen - manchmal wissentlich, oft unbewusst.
Meine Arbeit wurzelt in der Überzeugung, dass Traumata nicht nur durch Geschichten, sondern auch durch Schweigen weitergegeben werden. Die Ausschmückungen und Unterbrechungen, die ich vornehme, sind keine Akte der Auslöschung, sondern der Abrechnung. Sie spiegeln die Schönheit und Komplexität wider, von Kräften geformt zu werden, die sich unserer Kontrolle entziehen, und den Versuch, diesen Kräften in der Gegenwart eine Form zu geben. Letztlich werden diese veränderten Fotografien zu stillen Ritualen der Reparatur, die Brüche anerkennen, ohne sie zu verbergen, und Raum für Reflexion, Unbehagen und Verbindung über die Zeit hinweg bieten.